22.3.1948

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Die Wirtschaft unterwirft sich den ganzen Menschen. Nicht nur unterwirft sie sich den Staat, die Kultur, nein den Menschen als solchen. Von den Bombenanschlägen auf die Sinne an, die durch die Reklame erteilt werden, bis zur völligen Terrorisierung des Willens des Menschen durch alle Machtmittel der Wirtschaftskriege, wo man „fürs Vaterland“ „sein Blut“ „gibt“, walzt die Wirtschaft den Menschen zusammen.

Keulenschläge in die Augen: Reklameplakate, Kinoreklame, Reklamefilme, u.s.w. die Art der Packung, die Menschen an den Sinnen gruseln. Missbrauch und Schändung des Verhältnisses Mensch-Farbe; Missbrauch des ganzen Spektrums. Missbrauch der Wortbezeichnungen.

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Die Namen der Warenartikel, sie sollen durch die Sprache gruseln, die Reklametexte; der Mensch wird attackiert. Durch einen Trick getäuscht. Es wird ein Witz erzählt, der in eine   Reklame ausläuft. Es wird durch ein Sensationssatz der Mensch in eine Lektüre gerissen, die zur Reklame dient. Wie das vergolden missbraucht wird. Wie das Gold missbraucht wird. Jedes Mittel auf die menschliche Seele zu wirken wird benützt, hemmungslos wird diese Seele malträtiert. Aus ihren eigenen Bestandteilen wird sie gezerrt, und soll ins Wirtschaftsgebiet getreten werden, zum Abnehmer transformiert werden. In fürchterlichster Weise wird auf die Kinder gewirkt.

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Der „Globi“ ist einfach eine ungeheuerliche Schweinerei: In allen Kinderzimmern, auf allen Kinderbettchen sind diese Scheisselaborate. Diese Missgeburt, der „Globi“, soll die kindliche Seele engagieren zum Kauf im Globus. Alles, was ein Kind erleben kann, die ganze Welt, wird von dieser Missgeburt verhunzt und verschissen. Nicht weil es Weltwesen ist, nicht weil es menschenbildende Impulse sind, werden diese Geschichten den Kindern gegeben, sondern alles Weltleben, alles menschenbildende, wird in eine Zerrform gebracht durch die Hundephantasie eines angestellten Zeichners die Kinder zu ködern für den Globus, für den Wirtschafts-

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protzen des Globus: dass der Globus verkauft, dass der Globus verdient. Die Wirtschaft benützt die Mittel, die das Kind bilden, in Aftergestalt, sie bemächtigt sich dadurch des Kindes um absetzen zu können. Der Mensch wird Absatzmarkt, sonst nichts. Könnte man ihm Rossäpfel andrehen, man würde es hinreissend tun. In den Schulstuben hängen „belehrende“ Reklamen, in den Schulstuben wird geworben: die Reklame wirkt in der Maske des Anschauungsunterrichtes. Die Reklamemarken versetzen die Kinder in Sammelgier nach sinnlosem Kitsch. Der ärgste Seich wird den Kindern vorgesetzt. Märchen enden in Reklame. Alles wahrhafte Leben, das für das Kind Atem- und Lebensluft ist, wird richtig prosti-

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tuiert. Die Wirtschaft setzt die Prostitution in das von göttlichem Hauch durchwehte Leben der Kinder. 

14.3.1948

 Es gibt Wolkengebilde – die nicht cirin; cumuli etc. sind; sondern eigentliche Gestalten. Man müsste sie mit Wesen vergleichen; sie sind wundervoll geformt, und gehen über das Element von Stratus, cumulus etc. hinaus. Heute allerorten ein Gebilde wie ein Flügelwesen, aufströmend, aber flügelhaft sich entfaltend, wie ein Wesen.

 

Dies hat nichts mit dem Phantasieren zu tun die man in den Wolken sehen kann. Es sind Gestalten der Wolken selbst. Flügelwesen.

25.9.1952

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Betäuben

Das Durchsetzen des Menschen durch u. durch mit Angst, durch u. ganz mit verbrecherischen Impulsen, mit ungeheuren Spannungen, in denen der Mensch lebt, in all den Sphären u. Schichten etc. etc. erklären den Betäubungsdrang der Menschen. Sie müssen – um die Angst loszukriegen, den Spannungen zu entfliehen – saufen, huren, kurz sich betäuben. Weder aber kriegen sie die Angst los, noch die Spannungen. Sie kommen so herunter durch ihre Betäubung, dass sie die Angst nicht mehr erleben, die Spannungen nicht mehr fühlen. Denn das Erleben der Angst, der Spannungen u.s.w. bedeutet ein gesteigertes Erleben, ein Mehr-Wachsein, bedeutet Wirklichkeit, bedeutet das menschliche Erleben selber; durch das muss er hindurch. Die Betäubung schenkt uns nichts. Sie liefert uns nur in noch viel atrophischeren, asthenischerem

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Zustand der Angst, den Verbrechertrieb aus.

Wir kommen nach aus der Betäubung in jene Zustände u. Triebe gerade wieder hinein. nur herabgekommen; unfähiger. parasitischer.

Das Trinken von Alkohol, die Schlafmittel, der Coitus, das lesen der Kriminalromane u.s.w. u.s.w. gehört zu diesen Narcotica. Die Situation wird noch furchtbarer.

 

 

Hans Jenny über ...

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