16.3.1948

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Das Gesetz der Polarität als Fähigkeit des Weltganges.

Es gibt zwei Formen der Polarität. Alles ist polar; aber es ist in zwiefacher Art.

 

17.3.1948

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Jegliches, was wir wahrnehmen, zeigt sich im Gewande der Polarität. Alles ist polar, ja wir sehen denkend nur Polares. Wir arbeiten uns ganz ins Weltgewebe ein; in Polaritäten denkend. wir sind der Wirklichkeit einverwoben: polares erkennend. Doch tritt uns das in zwiefacher Art entgegen, wir sehen eine doppelte Art von Polarität. Es ist ein anders Polares: wenn wir ein wunderschönes Haupt sehen, dessen Körper im Unterleib von einem Carcinom zerfressen wird, als wenn wir Haupt und Gliedmassen des menschlichen Leibes in ihrer Polarität betrachten. Das eine erscheint als weitgerechte Polarität, das andere als Polarität in einem verrutschenden Gleichgewicht. Es verrutscht beim Carzinom eine Wachstumskraft, so gibt es in der Balance eine entsprechende Polarität, aber der Organismus geht zugrunde an diesem Verrutschen. Aber daran, dass der Organismus Haupt u. Gliedmassen hat, geht er nicht zugrunde, ja er Konstituiert sich in dieser Polarität. Es ist schwer zu beschreiben, was das Wesen dieser Arten von Polaritäten ausmacht. Im einen Fallen liegen die Pole da, sie halten sich in der

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Balance, sie tragen Weltinhalt im Sein, sie ermöglichen sein Sein. Im andern Fall ist Mittelpunkt da, ist Zentrum da, Herz, Same, der sich in Polarität entfaltet; Polarität entfaltet und bildet. Was sich emanzipiert aus dem Weltgerechten, aus dem vollen Weltentwicklungsstrom, das wird auch Pol, zu ihm entsteht ein Gegenpol, aber es ist selbst nicht mehr Mittelpunkt, nicht mehr Herzpunkt, sondern herausgefallen, wodurch ein anderes auch herausfällt. Beispiele der Herzpunktwesen. Eine Phanerogame entfaltet sich: Blütenpol Wurzelpol, dann wird sie Mittelpunkt, Herzpunkt im Samen, aus

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ihm geht als von einem Herzpunkt die neue Pflanze hervor. Ebenso das Herz unseres Leibes. Es ist Mittelpunkt, wir haben eine Mitte, wir haben Pole, die nicht herausfallen, weil wir eine Mitte haben, die die Emanzipation des Hauptes (Schwingenwesen zu werden) aufhebt, und die die Emanzipation der Beine (Trampeltier zu werden, Rind zu werden) aufhebt. So ist alles polar, aber nicht in jedem liegt ein Zentrum, ein Herzpunkt; sondern gewisses ist Pol, und ihm gegenüber liegt der andere Pol, ein anderes hält ihm die Balance; aber anderes ist Zentrum, hat Herzpunkt, ist Mittelpunkt und es trägt die Polarität an sich, es ist selbst die Mitte in seiner Polarität.

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Natürlich liegt dies alles vielfach verwoben, ein Mittelpunktwesen, kann wieder Pol in einem andern Weltzusammenhang sein. jedoch gilt es auf die Centra zu schauen, auf die Herzen, auf die Herzgebilde, auf die Herzpunkte.

Dies alles bedenkend trat mir die Holzgruppe Steiners vor Augen, wo unverhüllt, voll offenbar dies wesenhaft erscheint, was mit in den Dingen erschien. Was mit in den Dingen, wie in einem Kleid, erschien. ist hier offenbar als Wesen. Der Wesenskern des Daseins ist hier offenbar.

 

 

Hans Jenny über ...

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