Nachdem in der Antike die Menschheit in der Lage war, so architektonisch vorzugehen, dass zu den beiden bekannten Säulen von Memnon zum Sonnenaufgang ein Ton in Form einer Stimme erklang, erwachte in der Neuzeit schrittweise das Bewusstsein für das Verhältnis von Stofflichkeit und Klang (Ton).

"Nur die beiden verwitterten Kolossalstatuen des Königs (Memnon), welche den Eingang (der dem Mondgotte geweihten Tempelstätte von Theben, G. W.) bewachten, schauen noch heute über die Ebene hin; einer von ihnen trägt noch die griechischen Kritzeleien neugieriger Reisender aus der Zeit des römischen Kaiserreichs, welche kamen, um die wundersame ,Stimme' zu hören, die dieser Memnon-Koloß an jedem Morgen bei Sonnenaufgang ertönen ließ." (I. H. Breasted, Geschichte Ägyptens, S. 287)

Memnonkolosse im Niltal in Theben-West

Über Jahrtausende war es in der Weltanschauung selbstverständlich, alle Vorgänge im Makrokosmos, im Mikrokosmos und im Menschen als aus dem Wesen der Musik entspringend zu beschreiben. Der bedeutende Musikwissenschaftler Prof. Hermann Pfrogner nimmt in seinem Hauptwerk „Lebendige Tonwelt: : zum Phänomen Musik“  so die drei  Arten der Musik in Musica mundana (Weltenmusik), Musica humana (Menschenmusik) und Musica instrumentalis durch. Wir skizzieren sie kurz:

Seit Pythagoras wird jegliche Musik in die drei folgenden Bereiche untergliedert. (Hermann Pfrogner, „Musik“, S. 42)

  1. Weltenmusik – Musica mundana
  2. Menschenmusik – Musica humana
  3. Instrumentenmusik – Musica instrumentalis.
Die Weltenmusik ist gegeben in den Elementen, in den Planeten, im Zeitenlauf

In den Elementen: in Zahl, Gewicht und Maß;
In den Planeten: in Stellung, Bewegung und Wesensart;
Im Zeitenlauf:

  1. im Tageslauf: im Wechsel von Tag und Nacht;
  2. im Monatslauf: im Zu – und Abnehmen des Mondes
  3. im Jahreslauf: im Wandel von Frühling, Sommer, Herbst und Winter.‘
    (Hugo S. Viktor (1100 n.Chr.), zitiert nach Pfrogner,   „Lebendige Tonwelt“, S. 508)
Die Musik im Menscheninnern ist gegeben im Körper, in der Seele, sowie in der Verbindung beider. 

Die Körpermusik ist gegeben in den inneren Lebensvorgängen, kraft derer der Körper gedeiht, und als solcher kommt sie allem zu, was als Lebewesen ins Dasein tritt; ferner auch in den Säften, deren Zusammenwirken den Körper unterhält.

Die Seelenmusik ist gegeben in den Tugenden, wie Rechtssinn, Frömmigkeit und Mäßigkeit, sowie in den Seelenkräften, wie Vernunft, Starkmut und Begehrungsvermögen. 

Die Musik zwischen Körper und Seele ist gegeben in jener natürlichen Hingezogenheit, durch die Seele dem Körper nicht mit Leibesfesseln, sondern durch gewisse Affektimpulse verbunden ist, um ihn bewegungs– und empfindungsfähig zu machen. Zufolge dieses Hinzugezogenseins hat noch niemand sein eigenes Fleisch gehasst (Ephes. 7,29). Die Musik besteht darin, dass man das Fleisch, noch mehr aber den Geist schätze, so dass nicht durch das Hegen des Fleisches die Tugend dem Verderb anheim falle.‘ (Hermann Pfrogner, „Lebendige Tonwelt“, S. 510). 

Die durch Instrumente erzeugbare Musik ist jeweils gegeben durch den Schlag, wie bei Tympanum und Saite, durch Blasen, wie bei Flöte und Pfeife, durch die Stimme, wie bei Lied und Gesang. Auch gibt es drei Arten von Musikern: die erste, die ein Lied ersinnt, die zweite, die Instrumente handhabt, die dritte, die Instrumentalleistung und Lied beurteilt. (S. Victor, zitiert nach Pfrogner, „Lebendige Tonwelt“, S. 512)
(Aus: Atmani, "Vom Glück der Harmonia - Vom Verlust", Diplomarbeit am Institut für Waldorfpädagogik Annener Berg Witten/Ruhr, 1994)

In einem anderen Werk (Hermann Pfrogner, Musik- Geschichte ihrer Deutung, München 1954), in dem er historisch die wesentlichen Schritte seit Ägypten an Hand der bedeutendsten Quellen durchgeht, zeigt er auf, wie bis in das Mittelalter die Auffassung der Welt- gebildet aus Musik- galt.

Erst mit der Neuzeit löste sich die Menschheit von dieser Anschauung. An die Stelle der Einbettung von Makro-,Mikrokosmos und dem Menschen in das Weltenmusikalische trat nun eine neue Auffassung von Wissenschaftlichkeit, die mit Descartes, Newton und vielen anderen Vertretern den Kontakt zur Einbettung in das Weltenmusikalische löste. Es begann damit ein aus dem Weltenmusikalischen herausgetrennter Prozess, der den bis heute anhaltenden Fortschritt ermöglicht (Eine Überschau über den Hintergrund hat der Autor in seinem Werk Kymatik, Band 1 gegeben). Parallel zu dieser Entwicklung entstand schrittweise die zeitgemäße Methode, die Welt auf ihre gesamte Entstehung anzuschauen. Mit Ernst Florens Chladni (1756-1827) beginnt dieser Prozeß in die Wirklichkeit zu treten. Chladni bestreut eine Eisenplatte, die man mit einem Geigenbogen zum Klingen bringen kann, mit Sand. Es bilden sich unter Einwirkung des Tones die verschiedensten Formen. Bis heute wird an der Enträtselung dieses Phänomens gearbeitet, das wissenschaftlich, mit den bisherigen Grundlagen der Wissenschaft, nicht erklärbar erscheint. Das Experiment machte sehr viel Eindruck auf Europa, und so lassen sich Napoleon, Goethe  und viele andere Geistesgrößen dieses Urphänomen zeigen.

Doch die  im 19. Jahrhundert entstehende Weltanschauung gibt eine Erklärung nicht her, und so verschwindet das Chladnische Phänomen wieder. 

Hier können diese Experimente vertieft werden: Das Tonoskop / Das Eidophon.

 

Hans Jenny als Begründer der Kymatik

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